Die Tiger im Museum Wiesbaden
Javatiger (Panthera tigris ssp. sondaica)
Die Naturhistorische Landessammlung erhielt etwa im Jahr 1825 ein Tigerfell in einem Rumfaß aus Java zugesendet. Dieses wurde von Ernst Albert Fritze (seinerzeit als Arzt in Batavia tätig) dem Museum gespendet. Die Jagd auf Großwild galt zu dieser Zeit noch nicht als bedenklich, da nur wenige diesem "Hobby" nachgingen und die Lebensräume fast unbeeinträchtigt waren. Die Museen konnten so aus dem 19. Jahrhundert zahlreiche Naturalien erhalten, die heute unersetzbar sind. Im Falle des Aussterbens kann man sich nur noch hier ein Bild von diesen Organismen machen.
Der Javatiger (Panthera tigris ssp. sondaica) verschwand erst recht spät von diesem Globus, die letzten Tiere wurden 1979 auf Java beobachtet. Anschließend verstummte endgültig das Brüllen der Tiger auf dieser Insel. Dabei ist anzumerken, daß der Tiger nur eine der bekanntesten Tierarten ist - zahlreiche, der Wissenschaft noch unbekannte Tier- und Pflanzenarten, starben ebenfalls aus. Der Hauptgrund liegt in der gewaltigen Bevölkerungszunahme auf Java und den Nachbarinseln. Natürliche Lebensräume sind kaum noch vorhanden und die letzten tropischen Regenwälder sind dem endgültigen Untergang geweiht.
Generell spricht man dem Javatiger folgende Merkmale zu:
- im Vergleich zum Sibirischen Tiger sind die schwarzen Streifen weniger deutlich entwickelt,
- Backenbart am stärksten von allen Unterarten ausgeprägt,
- ebenso hell wie der Sumatratiger gefärbt,
- aber etwas größer als dieser (aber deutlich kleiner als Sibirischer Tiger),
- Streifung im Vergleich zum Sumatratiger etwas umfangreicher und enger aneinanderliegend
- Streifen an den Flanken und im hinteren Drittel oft doppelt gewellt
Das Wiesbadener Exemplar zeigt viele dieser Merkmale. Leider ist die eigentliche Präparation nicht sehr gelungen. Nun handelt es sich immerhin um ein über 170 Jahre altes Präparat und daher muß die Kritik dieses berücksichtigen. Dennoch konnte man es auch damals schon ein wenig besser. Katzen gehören neben Affen allerdings zu denjenigen Säugetieren, die einem Präparator viel Erfahrung abverlangen. Darüber hinaus spielt bei diesem Präparat auch der Zeitgeist eine gewisse Rolle. So galt ein gerader Rücken (als ob ein Stock in ihm stecken würde) damals als "Schönheitsideal".
Nur wenige Präparate, Felle und Skelette sind vom Javatiger erhalten geblieben (beispielsweise noch im Ungarischen Nationalmuseum).
Daten zum Javatiger
Inventarnummer
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Eingangsdatum
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1825
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Geschlecht
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Herkunft
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1825, Java
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Erhalten sind
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Sibirischer Tiger (Panthera tigris ssp. altaica)
1995 hatte das Museum Wiesbaden vom Tierpark Kalletal einen verstorbenen Sibirsichen Tiger erhalten. Von diesem wurde das Skelett mit Schädel mazeriert und das Fell von einer Gerberei weiterbehandelt. Seit dieser Zeit lagerte das Fell in der Sammlung und "wartete" auf seine Wiederbelebung. Mit dieser Aufgabe wurde Herr Dieter Schön aus Pfarrkirchen beauftragt. Nach Begutachtung des Felles war klar, daß das Fell trotz Gerbung nicht ausreichend dünngeschnitten war und die Elastizität der Haut für die Herstellung einer Dermoplastik ungenügend war. Schäden waren allerdings nicht auszumachen. Daher reiste das Fell zunächst in die Gerberei Oehlert. Dort stellte sich schnell heraus, daß das Fell bereits sehr stark durch Säuren zerfressen war und sich Teile davon in Puzzelstücke verwandelten.
Sogenannter Fettfraß ist ein noch wenig bekannter Schaden in vielen zoologischen Sammlungen. Dabei zersetzt sich das an und in der Haut verbliebene Fett zu organischen Säuren, die dann die Kollagenfasern zersetzen. Nicht selten "zerbröseln" einem alte Felle in der Hand.
In unserem Fall aber handelte es sich um ein erst 6 Jahre zuvor gegerbtes Fell. Entsprechend groß war unser Entsetzen. Einerseits muß das Dünnschneiden der Felle noch besser erfolgen und die anschließende Gerbung exzellent sein, andererseits läßt sich noch deutlicher vermuten, daß die Restaurierung und Umarbeitung alter Felle und Schaupräparate nur noch bedingt möglich sein wird.
In unserem Fall hatten wir Glück, denn Herr Schön hat seinem internationalen Renommee als hervorragender Präparator alle Ehre gemacht und das große Fellpuzzle gelöst. Die Dermoplastik ist seit Dezember 2002 in der Ausstellung zu bewundern und unsere Besucher werden kaum noch die massiven Schäden erkennen können.
Der Sibirische Tiger wird zukünftig in einem geplanten und hoffentlich auch bald realisierten Großdiorama zur "Nordischen Tierwelt" seinen Platz erhalten. Darüber hinaus ermöglicht diese Dermoplastik auch den direkten Vergleich von Javatiger und Sibirischem Tiger.
Anmerkung:
Die Präparate in Museen "leiden" auch unter anderen "Krankheiten":
- fehlende Klimatisierung der Ausstellungen und Magazine sorgt oft große Spannungen in den Häuten und entsprechende Risse entstehen,
- insbesondere direktes Sonnenlicht bleicht Haare und Federn bis zur Unkenntlichkeit aus,
- Säurefraß kann auch durch die Verwendung ungeeigneter Chemikalien bei der Gerbung, der Montage oder dem Schädlingsschutz entstehen (oft erkennt man dies aber erst nach Jahrzehnten)
- Speckkäfer und Motten sind eine ständige Bedrohung, schmecken ihnen solche Exponate leider nur zu gut
Daten zum Sibirischen Tiger
Inventarnummer
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1812
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Eingangsdatum
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30.01.1995
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Geschlecht
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männlich
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Herkunft
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Tierpark Kalletal, 32689 Kalletal
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Erhalten sind
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Skelett, Schädel, Fell (seit 2002 als Dermoplastik)
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Weitere Informationen zu Tigern:
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