Das Wiesbadener Naturkundemuseum und der Nassauische Verein für Naturkunde wurden 1829 durch Bürger der Region und mit Unterstützung Herzog Wilhelms gegründet. Das beginnende neunzehnte Jahrhundert war geprägt durch die Industrialisierung und die gewaltigen Entdeckungen in den Naturwissenschaften. So ist es nicht verwunderlich, dass auch in Wiesbaden das Interesse an den Naturwissenschaften den Wunsch nach einer entsprechenden Institution aufkommen ließ. Einerseits bot sich so die Möglichkeit einen Bildungsort für die Bevölkerung zu etablieren, andererseits konnte man auch selbst aktiv Wissenschaft betreiben.
Das Museum bezog einige große Räume im Erbprinzenpalais auf der Wilhelmstraße. Vieles war zu Beginn noch improvisiert und zwischen öffentlicher Ausstellung und wissenschaftlicher Sammlung wurde nicht unterschieden. Den Vereinsmitgliedern dienten die Sammlungen sowohl als wissenschaftliche Arbeitsgrundlage als auch als Anschauungsobjekte für die öffentliche Präsentation. Der Schwerpunkt der Sammlungen lag dabei auf der Dokumentation der lokalen, also nassauischen Natur. Da es an einer Universität mangelte, Übernahm das Museum einige der Aufgaben. Es war Treffpunkt des gebildeten Bürgertums und wissenschaftliches Zentrum.
Der Sammlungsschwerpunkt sollte zwar primär auf dem Gebiet Nassaus liegen, was aber dem Anlegen darüber hinaus gehender Sammlungen nicht im Wege stand. Bereits mit der Gründung gelangte die Privatsammlung des Frankfurter Bankiers Johann Christian Gerning, eine der zu ihrer Zeit bedeutendsten Insekten-, insbesondere Schmetterlingssammlungen mit weltweiter Ausrichtung, in den Besitz des Museums. Auch heute noch gehört diese Sammlungen zu den Priunkstücken des Museums - nicht nur aus wissenschaftlicher sondern auch aus kulturgeschichtlicher Sicht. Unter anderem enthält diese Sammlung auch einiges Material aus den Händen von Maria Sibylla Merian.
Neben der öffentlichen Ausstellung diente das Museum auch als Versammlungsort verschiedener Interessengruppen, wie beispielsweise der botanischen Sektion. Herbare waren die Arbeitsgrundlage der Apotheker und die medizinische Bedeutung der Botanik war noch allgemein bekannt. Mit etwa 100.000 Pflanzenpräparaten findet sich in Wiesbaden auch heute noch ein Dokument mit überregionaler Bedeutung für die Botanik und Pharmazie.
Einhergehend mit den Naturobjekten konnten auch zahlreiche wissenschaftliche Schriften gesammelt werden, die den Grundstock der heute noch oft genutzten Bibliothek bildeten. Einem einzelnen war es meist gar nicht möglich, sich die notwendige Literatur zu beschaffen. Auch diente das Museum dem Zeitschriftentausch mit anderen naturwissenschaftlichen Vereinigungen. Diesem seit 1930 der Landesbibliothek übertragenen Schriftentausch ist es auch zu verdanken, dass nicht nur Vereinsmitgliedern naturwissenschaftliche Literatur zur Verfügung stand.
Der zur Verfügung stehende Platz im Erbprinzenpalais reichte schon bald nach der Gründung nicht mehr aus und mit dem von der Stadt Wiesbaden angebotenen Neubau auf dem Platz der ehemaligen Villa de Mons an der heutigen Friedrich-Ebert-Allee gelang der entscheidende Schritt in die Zukunft. Mit dem Einzug im Kriegsjahr 1915 kam es zu gewaltigen Veränderungen. Erstmals stand ausreichend Platz für Werkstätten und Studierzimmer, Bibliothek, Magazine und Ausstellungsräume zur Verfügung. Nur wenigen Städten im damaligen Deutschen Reich war ein solcher Luxus vergönnt.
Mit dem Umzug in den Neubau konnten deutlicher die reinen Schausammlungen von den wissenschaftlichen Sammlungen getrennt werden. Der Anspruch auf allumfassende Präsentation eines jeden Naturobjektes hatte nicht mehr oberste Priorität und erste Ansätze zu einer modernen Präsentation sind zu erkennen. Zu diesen zählen die Lebensraumnachbildungen (Dioramen) von Burger, die auch heute noch attraktiv sind.
Die 1920 bis 1930er Jahre gelten bezüglich der Schausammlungen als die effektivsten. Zwar wüteten Weltwirtschaftskrise und politischer Fanatismus in Deutschland, doch dank des Engagements einiger konnte ein gewaltiger Grundstock aufgebaut werden. Mit dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs endete diese Phase aber und auch das Museum verstummte für einige Jahre.
Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen überstanden die Sammlungen den Krieg unbeschadet. Lediglich die Räumlichkeiten und Vitrinen mussten in Stand gesetzt werden. Dank zahlreicher ehrenamtlicher Helfer gelang es dem Naturkundemuseum als erstes seine Pforten zu öffnen. Allerdings kam es zu einer zunehmenden Entfremdung von Verein und Museum und mit der Übernahme und Vereinigung der drei Wiesbadener Museen durch das Land Hessen war die institutionelle Trennung von Verein und Museum endgültig. Auch die Mitarbeiter schmerzte der Verlust der Selbständigkeit beträchtlich.
Die 1980er und 1990er Jahre wurden spannungsgeladen überstanden, galt es doch den gehobenen Ansprüchen der Öffentlichkeit gerecht zu werden und mit neuen Konzepten dieser die notwendigen Mittel zu entlocken. Dies gelang wegen anhaltend leerer Kassen nur bedingt und nur noch Sonderausstellungen zeugten vom Interesse der Bürger der Region für die Naturwissenschaftliche Sammlung.
Im Jubiläumsjahr 2004 beginnt eine neue Ära für die Naturwissenschaftliche Sammlung. Mit dem sechsten Bauabschnitt soll mit der Sanierung des Nordflügels des Museums begonnen werden. Die Wiedereröffnung ist für 2007 geplant und mit gewaltigen Anstrengungen und Ihrer Unterstützung werden dann moderne und attraktive Ausstellungen präsentiert. Noch mutet mancher Wunsch als Traum unterzugehen, aber den notwendigen Optimismus lassen wir uns nicht nehmen.